Übernachten im Freien, "Versteckis" spielen im Wald, Bötchen fahren auf dem Lago Maggiore, Spaziergang im Tessin und dabei Volkslieder singen , das war unser Programm letzte Woche. Tönt nach einer Ferienwoche einer Pfadfindergruppe. Ganz so locker war es dann doch nicht.
Die ersten Tage der Woche verbrachten wir im Wald und übten das Biwakieren. Nach zehnmaligen umdrehen schlief ich ein, bis mich morgens die Kälte weckte und ich mir die Augen rieb. Igitt, immer noch alles voll Tarnfarbe. Oder dann weckte einem die Wache mit den Worten Alpha, Alpha und man musste in der Dunkelheit innert fünf Minuten zum vereinbarten Treffpunkt gelangen. Zum Glück sind die Zeltschnüre in der Nacht so gut sichtbar, sonst würde man ja dauernd drüber stolpern.
Am Donnerstag Abend kam dann der grosse Augenblick. Ehe Hauptmann Cocci seine Rede hielt, ich weiss nicht, ob er uns Mut zusprechen oder Angst einjagen wollte, mussten wir zwei Stunden stramm am gleichen Platz stehen. Dann ging es endlich los. Um die Startreihenfolge für die grosse Übung "Forza di Volontà" (dt. Willensstärke) auszumachen rannten wir erst mal zehn Kilometer. Das Qualifying ergab, dass wir als zweiter von vier Zügen starten durften. Man gönnte uns grosszügigerweise noch zwei Stunden Schlaf, bis wir uns morgens um drei Uhr auf die 80 Leistungskilometer lange Strecke machten. Vollbepackt rannten wir ins Tal nach Rivera runter um dort den ersten Posten zu meistern: Unbemerkt in einem Kanal flussaufwärts verschieben. Heute nennt man das wohl Aquajogging. Mit saftenden Schuhen ging es weiter an den Lago Maggiore, wo wir die Militärboote erst einmal auf die Schulter nahmen und dem See entlang liefen und dann pandelnd den See in Richtung Tenero überquerten. Weiter ging es in Richtung Bellinzona, diesmal mit Baumstämmen auf den Schultern bewaffnet. Zur Ermutigung sangen wir Volkslieder. Dann galt es noch 800 Höhenmeter zu überwinden. Auf einem extrem steilen und lebensgefährlichen! Pfad erreichten wir dann endlich die Spitze, von wo wir dann gleich wieder hinunter zur Kaserne rannten. Als letzte Prüfung durften wir noch die längste Hindernisbahn Europas in Angriff nehmen. Als Zückerchen zum Schluss mussten wir dann noch vor dem Kadi Zugschule vorzeigen, bis niemand mehr humpelte. Dann, nach 14 Stunden Marsch, betraten wir das Kasernenareal. Noch alles schön brav putzen und ab in den Karrierten. Noch nie kam mir das Bett so bequem vor.